Donnerstag, März 26, 2009
Das Gerechtigkeits-Paradox
Es ist wieder einmal so weit: der Wahlkampf ist eingeläutet. In einer Zeit, wo ein Problem das nächste jagt, werden wir eine neue Art des Wahlkampfes erleben. Es besteht die Möglichkeit, dass die Karten neu gemischt werden. Soll man wählen gehen und wenn, wem gibt man seine Stimme. Liest man im Internet die Programme der kleinen Parteien, findet man das Eine oder Andere, mit dem man sich identifizieren kann. Liest man die Programme der großen Parteien, klingt das eigentlich auch nicht schlecht, aber anscheinend wissen die gar nichts davon. Wenn eine Partei klein ist und aus Idealisten besteht, die etwas verbessern wollen, ist eine ehrliche Parteiarbeit noch möglich. Dann kommt der Punkt, wo der Wähler dieser Partei seine Stimme gibt, um etwas zu verändern. Das ist das Ende von Idealen. Die Partei bekommt Geld und neue Mitglieder, die nach Ämtern streben. In kurzer Zeit werden aus Turnschuhträgern übergewichtige Maßanzüge. Wer sich nicht anpasst, geht oder wird auf Listenplatz 1001 gesetzt. Erfolg macht aus einer Linkspartei eine Partei der Mitte. Es ist wie in der Autoindustrie, jeder schielt nach dem Geschäft der anderen. In der Mitte gibt es Gedränge ohne Alternative. Ich glaube nicht, dass man etwas ändern kann, indem man sich aktiv in einer Partei engagiert. Die Mitgliederzahlen der Parteien weisen darauf hin, dass viele so denken wie ich. Das bedeutet aber nicht, dass man nichts tut. Schreiben sie unseren Abgeordneten oder besuchen sie Wahlveranstaltungen, sonst denken die, wir wollen das alles so . Etwas zu ändern, ist sicher nicht einfach, aber man kann der Selbstbedienungsmentalität Einhalt gebieten. Dass auch Politiker unverschämt sind, sieht man an den kostenlosen Parktickets an Flughäfen . Es wird nicht abgeschafft, sondern legalisiert und noch ausgebaut. Da darf man als Bürger auch einmal unverschämt werden, oder man muss es sogar. Die Politik begreift sonst nicht, dass sie eine Volks- und keine Kapitalvertretung ist. Sagen sie, was ihnen nicht passt, schauen sie nicht weg, es geht uns alle an. Keiner will einen neuen Adolf oder brennende Barrikaden, aber das ist die Konsequenz von Gleichgültigkeit. Wie es im Wahlkampf üblich ist, wird die DDR als Unrechtsstaat ins Gedächtnis der Bürger gerufen. Gab es bei einer Wahl in der DDR auch keine Alternative, konnte man aber mit einem Brief an Erich viel erreichen und seine persönliche Situation verbessern. Ich galt in der DDR als gesellschaftlich untragbar und musste unter „schrecklichen" Repressalien leiden, wie, dass ich beim FDJ-Studienjahr nicht mit nach Buchenwald fahren durfte, sondern am Unterricht in einer anderen Klasse teilnehmen musste, da ich nicht in der FDJ war und mich statt dessen konfirmieren ließ. Oder ich musste weiter arbeiten, während sich meine Kollegen bei der FDGB-Versammlung die gratis Bockwurst schmecken ließen. Ich konnte nicht Aktivist wegen fehlender gesellschaftlicher Aktivität werden. Jetzt könnte ich noch jammern, dass mir als Intelligenz-Kind und Pfarrers-Sohn der Bildungsweg verschlossen war, wie es abertausend andere machen. Das ist aber nicht die ganze Wahrheit. Drei Jahre für die Armee verpflichtet oder in die SED eingetreten und schon konnte es losgehen. Jeder konnte für sich selbst entscheiden. Ich konnte damals weder den verstehen, der freiwillig seine Armeezeit an der Grenze verbrachte, noch den, der über die Mauer abzuhauen versuchte. Was man verstehen kann, ist, dass es Leute gab, die sich für andere einsetzten und dafür eingesperrt wurden. Als politischer Häftling wusste man allerdings, dass man höchst wahrscheinlich frei gekauft wurde.Wir reden vom Unrechtsstaat DDR, aber wie definiert man Unrecht. Harz IV Empfänger stellen sich unter Gerechtigkeit sicher auch etwas anderes vor. Ist die BRD deswegen ein Unrechtsstaat ? Gerecht wird es nie zugehen. Das verhindert die Gier des Menschen. Deshalb wird es sicherlich auch nie Kommunismus geben. Es ist nicht einfach zu entscheiden, was Recht oder Unrecht ist. Das kann man nur entscheiden, wenn man unabhängiger Außenstehender ist. Persönlich erlebtes kann nicht Entscheidungsgrundlage für eine objektive Entscheidung sein. Für mich wäre die DDR kein Unrechtsstaat gewesen und das ist auch schon alles. Ich habe an der Montagsdemo teilgenommen, weil ich die DDR verbessern wollte. Ein Fehler war es nicht, nur weil es anders kam, als man es wollte. Ein Fehler wird es erst, wenn man aufgibt. Man kann jedes System verbessern, man muss es nur wollen . Das perfekte System gibt es sowieso nicht. Man tauscht nur einen Fehler gegen den anderen. Deshalb ist es auch falsch, auch nur ein Menschenleben für einen Wechsel zu opfern. Wir sollten froh sein, dass wir eine Demokratie besitzen und sie nutzen und verteidigen, solange es noch geht. Wenn wir zulassen, dass man für Mitarbeiterüberwachung Spitzelgehälter bekommt, wie Herr Mehdorn, wird das Grundgesetz ein Schweitzer Käse. Die Schweitzer haben die Demokratie und wir die Löcher.
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