Donnerstag, Oktober 10, 2019

Ausgleichsbeiträge Sanierungsgebiet



Dass die Erhebung von Beiträgen oft auf Unverständnis trifft, liegt nicht einfach in der Natur der Sache. Wenn Beiträge für den Bürger nachvollziehbar sind und zweckentsprechend verwendet werden, kann man von einer hohen Akzeptanz ausgehen. Wenn dies nicht der Fall ist, liegt das oft an der Zweckentfremdung der Mittel oder die Erhebung ist nicht nachvollziehbar. Die Lösung des Problems heißt nicht sture Beitragseintreibung, sondern Transparenz. Bei den Ausgleichsbeiträgen im Sanierungsgebiet Böhlitz-Ehrenberg ist die Stadt nicht in der Lage, die Fragen zufriedenstellend zu beantworten. Das liegt allerdings nicht nur an der Stadt, sondern auch an einer unsicheren Rechtslage. Die Diskussion über die Erhebung von Ausbaubeiträgen und Ausgleichsbeiträgen ist keine neue, sondern wird schon lange geführt. Im Laufe der Zeit wurden Gesetze verändert. Die tiefgreifendsten Veränderungen brachte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2013. Hier wurde das Kommunalabgabengesetz von Bayern für nicht verfassungskonform erklärt. Dass die Gesetzgeber nicht wussten, wie man damit umgehen soll, zeigt, dass man zur Änderung der Kommunalabgabengesetze zahlreiche Rechtsgutachten einholte. Diese kommen aber nicht zu einer einheitlichen Einschätzung. Die Änderung der Kommunalabgabengesetze zur Verfassungskonformität sieht in jedem Bundesland anders aus. Die widerstreitenden Interessen werden nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern auch auf den unterschiedlichen Gerichtsebenen, anders beurteilt. Rechtssicherheit besteht im Grunde erst, wenn das Bundesverfassungsgericht den konkreten Fall entschieden hat. Für den einfachen Bürger stellt sich die Frage komplizierter, rechtlicher Herleitungen nicht. Ein Gerechtigkeitsempfinden funktioniert wesentlich einfacher. In einer Demokratie müssten die Gesetze dem Rechtsempfinden folgen und nicht umgekehrt. Die Gerichte sollen Recht sprechen aber nicht schreiben/setzen. Das ist Sache des Gesetzgebers. In der Bundestagsdrucksache 19/ 11156 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss) steht folgendes: „Der Bundestag wolle beschließen,von einer Äußerung und/oder einem Verfahrensbeitritt zu den in der anliegenden Übersicht aufgeführten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht abzusehen."

Berlin, den 26. Juni 2019

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Diese Beschlussempfehlung wurde vom Bundestag am 27. Juni einstimmig, ohne Aussprache angenommen.

Darauf möchte ich die Frage stellen: Wie könnt ihr es wagen, auch nur den Versuch zu unternehmen, sich den Aufgaben des Gesetzgebers zu entziehen und den Bürger in Rechtsunsicherheit zu belassen!




Andreas Teichmann