Donnerstag, Juni 01, 2017

Richtig wählen für Unzufriedene kurz erklärt

Sie sind mit der aktuellen Politik unzufrieden und würden gerne Druck auf die Parteien auswirken, damit diese ihre Versprechen einhalten.

Das ist eigentlich ganz einfach. Ich möchte es ihnen kurz erklären. Sie haben zur Bundestagswahl zwei Stimmen. Mit der Erststimme wählen sie den Direktkandidaten aus ihrem Wahlkreis. Hier zieht der Kandidat in den Bundestag ein, der die meisten Stimmen bekommt. Die Stimmen, welche auf die restlichen Kandidaten abgegeben wurden, haben keine Bedeutung mehr, sie verfallen. Mit der Zweitstimme legen sie die Sitzverteilung im Bundestag fest, also welche Partei mit wie vielen Sitzen vertreten ist. Diese Sitze werden über die Landeslisten zugeteilt. Sie ist die Stimme, mit der sie das politische Kräfteverhältnis bestimmen. Wenn sie eine politische Veränderung erreichen wollen und einer Oppositionspartei Erst- und Zweitstimme geben, ist das falsch. Sie müssen mit ihrer Zweitstimme die Partei wählen, welche, ihrer Meinung nach, ihre Interessen am besten vertritt und mit der Erststimme müssen sie zusätzlichen Druck erzeugen. Mit Erst- und Zweitstimme für ein und die selbe Partei können in meinem Wahlkreis eigentlich nur CDU Wähler etwas erreichen. Sie Verändern nicht das Kräfteverhältnis im Bundestag, aber können ihrem Direktkandidaten den Rücken stärken. Bettina Kudla gewann das Direktmandat mit einer Mehrheit von 22643 Stimmen. Dieses Jahr darf sie nicht wieder als Direktkandidat antreten. Hieran können sie erkennen, dass die Erststimme nur als Werbung für die Zweitstimme genutzt wird. Wenn sie also Druck für eine Politikveränderung aufbauen wollen oder einen ihnen sympathischen Direktkandidaten haben wollen, müssen sie ihre Erststimme taktisch einsetzen. Wie das geht, muss ich kurz erklären. Laut unserem Wahlrecht können auch Parteilose für den Bundestag kandidieren. Sie müssen im Vorfeld 200 Unterstützungsunterschriften sammeln, um auf den Wahlzettel zu kommen. Hier bewerben sie sich dann für das Direktmandat (Erststimme) in ihrem Wahlkreis. Um dieses zu gewinnen, brauchen sie die einfache Mehrheit, was zur letzten Wahl bedeuten würde: eine Stimme mehr als Frau Kudlas 54567 Stimmen. Das erscheint unmöglich. Wenn ein parteiloser Direktkandidat es aber schafft, werden die Zweitstimmen in seinem Wahlkreis ungültig und der Bundestag verkleinert sich um ein Mandat. Mit anderen Worten: im Bundestag sitzt ein Abgeordneter weniger. Wenn das in allen Wahlkreisen passieren würde, hätten wir nur noch die Hälfte der Abgeordneten und Parteien wären nicht mehr im Bundestag vertreten. Das ist eine Drohkulisse, gegen die sogar ein Generalstreik verblasst. Man kann mit Wahlen also durchaus etwas bewegen.