Donnerstag, April 17, 2008

Heimatschachtel

Es vergeht kein Tag, an dem man sich nicht über Äffären, Korruption, Ignoranz, Verschwendung oder einfach nur Dummheit von Politikern ärgern kann. Lügen gehörten schon immer untrennbar zur Politik, jedoch hat es inzwischen solche Ausmaße angenommen, dass selbst Politiker nicht mehr wissen, was nun eigentlich wahr ist. Für Geld findet sich immer ein Professor, der eine Studie erstellt, für was auch immer. Statistiken fälschen wurde auf Dauer zu mühsam, so etwas will gekonnt sein. Da ist es einfacher, Wissenschaftler mit Forschungsgeldern auszustatten und ihnen zu sagen, was sie herausfinden müssen. Das neueste Ergebnis selten dämlicher Forschungsarbeit, die „Heimatschachtel“, erzürnt gerade die Nation. Die einen nennen es böswillige Verschwendung, die anderen sind bereit, die Praxisgebühr für die Behandlung der Geisteskrankheit zu übernehmen. Dabei macht der Mann nur seine Arbeit. Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing. Ein bisschen doof ist auch nicht schlimm, wenn man es mit Politik ins Fußvolk der Milliardäre schaffen will. „Du bist Deutschland“ ist eine „neu erfundene“ Parole der NS-Zeit.
Schwachsinn wie die Heimatschachtel führt zum Aussterben eines Volkes, dem man sicher bald mit dem Mutterkreuz begegnen wird.

Eine Kette ohne Ende

Wenn man das Haushaltssicherungskonzept der Stadt Leipzig liest, wird schnell klar, dass Probleme der kommunalen Haushalte und des Bundes so nicht mehr lösbar sind. Geschäftsklima-Index, Wachstumsprognosen, die den Unternemer und die Bürger aufmuntern sollen, sind nur die „gefühlte Temperatur“, beim messen kommt etwas anderes heraus. Wie kommt es nun aber, dass sich die Haushaltssituation verschlechtert, obwohl wir doch große wirtschaftliche Erfolge feierten? Neue Messe, Porsche, BMW, Quelle, DHL, Olympia-Bewerbung, all das sollte uns doch weit voran bringen. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Die eigentliche Jobmaschine sind kleine und mittelständige Unternehmen, die in ihrer Region verwurzelt sind und ihre Gewinne dort investieren wo sie entstehen. Genau das machen die „Leuchttürme“ aber nicht. Sie sind die Nomaden des Computerzeitalters. Gewinne werden immer größer, Investitionszeiträume immer kürzer. Wenn es nichts mehr zu holen gibt, zieht man weiter. Das Kapital ist durch die Globalisierung nicht aufzuhalten und ist auf dem Weg um den Globus. Aus wirtschaftlichen Hochburgen werden soziale Brennpunkte. Die Wissensgesellschaft allein ist kein Ausweg. Mit dem Kapital kommt auch Bildung in die Entwicklungsländer. Darüber würde ich mich normalerweise freuen, aber mit der Einführung von Computern ist der Hunger nicht verschwunden. Das, was den Entwiklungsländern bevorsteht, sind schlechte Arbeitsbedingungen und eine vergiftete Natur. Es ist alles eine Kette ohne Ende. Wenn einer darauf wartet, dass sich sein Haushaltsproblem durch Anspringen der Wirtschaft von alleine löst, ist er blauäugig. Der Konkurrenzkampf findet nicht nur im Handwerk mit den bekanten Folgen statt, sondern auch unter Ländern. Wenn man sich mit Steuersätzen unterbietet, sollte man sich fragen, wer davon nachhaltig profitiert. Mann muss endlich wieder lernen, an in die Zukunft zu denken. Es ist zwar schön, wenn man unterwegs schnell für 89 € ein Fahrrad kaufen kann, aber schade, wenn man für eine Schülerjahreskarte für Bus und Straßenbahn schon 169 € hinlegen muss. Wenn sie ehrlich sind, müssen sie zugeben, dass nicht alles teurer geworden ist. Vieles ist geradezu unverschämt billig. So werden sie zwar in ein paar Jahren ein Fahrrad für unter 100 € bekommen, aber Straßenbahn fahren wird dann zum Luxus.

Du bist Deutschland


Sicher haben sie von der Werbekampagne „Du bist Deutschland“ gehört oder den Werbespot gesehen. Haben sie darüber nachgedacht? Dieser Spot ist ja, wie man der Presse entnehmen konnte, ohne größere finanzielle Mittel entstanden, da umsonst gedreht und gesendet wurde, Uneigennützigkeit wird suggeriert. Das ist doch schon werkwürdig. Da wird ein Spot gedreht, dass wir uns eben mal wichtig und dadurch besser fühlen und sogleich den Aufschwung spüren und in Kaufrausch verfallen, aber es stehen keine Interessenkruppen dahinter. Die Frage ist nun, haben die Psychologen falsch gearbeitet oder waren es die Wahlforscher? Erst einmal ist nix mit „Du bist Deutschland“, sondern: du Depp hast falsch gewählt. Wer jemals den Eindruck hatte, mit einem Flügelschlag etwas auslösen zu können, der weis seit der Elefantenrunde, dass dazu eher viele Schläge und möglichst auf den Hinterkopf, wo sie ja das Denkvermögen erhöhen, nötig sind. Der einzelne ist nichts und kann nichts. Wirtschaft und Politik, was ja streng genommen das gleiche ist, genau wie die Presse, bestimmen wo es langgeht. Dass die Presse nicht unabhängig ist, glauben sie ja sicher, das wurde ja schließlich vom Kanzler nach seiner Wahlniederlage festgestellt, warum lassen sie sich dann davon beeinflussen? Wen man etwas besonderst oft hört, wird es dadurch nicht richtiger, man glaubt es nur eher. Schade eigentlich, denn es gibt viele, die es ehrlicher mit Ihnen meinen und nur nicht zum Zuge kommen. Man muss sich natürlich mit dem ganzen beschäftigen. Zugegeben ist das schwierig, aber man muss damit anfangen und nicht unbedingt dort, wo sie es jetzt vermuten. Du bist Deutschland und zwar in erster Linie beim Einkauf. Wichtig ist aber, nicht mehr, sondern mit Kopf einzukaufen. Das ist nicht einfach, wenn der Geldbeutel klein ist. Richtig gekauft ist immer noch billiger als preiswert und Sonderangebote, die man eigentlich nicht braucht, rausgeworfenes Geld. Es gibt nichts umsonst und hinter jeder Werbung stecken Fremdinteressen, die eigentlich nur eins wollen: ihr Geld. Damit haben sie es in der Hand. Finden sie die, die es gut mit ihnen meinen und ein ehrliches Produkt vertreiben und nicht nur Gewinn machen wollen, sondern auch an die Menschen denken, die bei ihnen arbeiten. Leider sind kleine Firmen, die ihnen so etwas bieten, unbekannt, da sie den immensen Werbeaufwand nicht betreiben können, mit dem man auch größten Mist am Markt etablieren kann. Deshalb ist auch ein Markenname so viel wert und inzwischen selbst zum Handelsobjekt geworden. Wenn sie also ein deutsches Produkt kaufen, kann es sein, dass die Rechte dafür einem anderen gehören und z.B. in der Türkei oder Ungarn produziert wird. „Du bist Deutschland“ so lange wir nicht verkauft werden.

Architektur der Bauschäden

Minister Wolfgang Tiefensee forderte einen Gebäude-Tüv für öffentliche Gebäude, stieß dabei aber auf wenig Gegenliebe in den Ländern. So gut der Gedanke auch ist, er setzt an der falschen Stelle an. Es kommt nicht darauf an, Baumängel rückwirkend zu untersuchen, sondern konstruktiv zu vermeiden. Das Kosten Nutzen Verhältnis eines Gebäudes ist nicht auf den Bau beschränkt, sondern erst nach Ablauf der Nutzungsdauer zu bewerten. Bauen ist der stete Kampf gegen Wasser und der fängt bei der Planung an. „Nach anerkannten Regeln der Technik“ bedeutet nicht zwangsläufig richtig. Der Mensch im Versuchslabor Haus wird nicht oft so offensichtlich geschädigt wie in Bad Reichenhall. „Aus Schaden wird man klug“, es bleibt zu hoffen, dass sich dies nicht aufs Schneeschieben auf Dächern beschränkt. „Denken geht vor rechnen“, wenn Flachdächer in Schneegebieten ortsüblich werden können, ist das kein Aushängeschild des deutschen Architektentums, sondern das selten dämliche Ignorieren jahrhundert alter Bautradition. Wer die Grenze des Vernünftigen überschreitet, sollte nicht mit Preisen, sondern Berufsverbot belegt werden. In der LVZ bezeichnet ein Statik-Experte im Zusammenhang mit dem Einsturz Kunststoff als gefährliches Material ohne Langzeiterfahrungen, mit dem man eben doch nicht alles machen kann. Die Gefährlichkeit liegt aber nicht bei den Materialien, sondern bei deren bedenkenlosen und unvernünftigen Verwendung. Wer sich mit einer „allgemein bauaufsichtlichen Zulassung“ in Sicherheit wiegt, wird eines besseren belehrt. Die Entwicklung geht vom intelligenten Planer zum intelligenten Material. Nach der „denkenden Dampfbremse“ kommt vielleicht das „denkende Dach“.