Sonntag, Juli 15, 2012

Angst um Geld

Dass wir uns in einer Krise befinden, dürfte jedem klar sein. Was es für eine Krise ist und wo die Gründe dafür liegen, darüber teilen sich die Meinungen. Die Lösungsansätze sind  wegen unterschiedlicher Positionen umstritten und führen nicht zum Erfolg. Ich lese gerne zu Problemen, die mich beschäftigen, wissenschaftliche Herangehensweisen. Natürlich verstehe ich sie nicht im  ganzen, aber mich interessiert die wissenschaftliche Theorie, mit der sich nicht zu letzt auch unser Verhalten erklären lässt. Ein Problem lässt sich aber nur lösen, wenn man nicht selbst Teil des Problems ist. Wenn man unser Leben als einen Wettkampf zwischen gut und böse  betrachtet, woran glauben sie, oder besser, worauf vertrauen sie ?  Da betrügerisches Verhalten die größten Vorteile bringt,  kann man in unserer Gesellschaft auf das „Böse“ vertrauen. Ob man in der Übernahme von Porsche durch VW Betrug sehen will oder nicht, eines steht fest, Gesetzeslücken im Hartz IV Regelwerk werden schneller behoben, selbst wenn der Schaden nicht so groß ist. Der große Betrug an der Gesellschaft wird toleriert, weil der größte Teil der Bevölkerung glaubt, zu den profitierenden zu gehören. Wenn man heute von einem bedingungslosen Grundeinkommen hört, wird sofort argumentiert, es wäre unbezahlbar. Was aber meint man mit unbezahlbar. Bezieht man die Aussage ausschließlich auf einen Mangel an Geld, stimmt sie nicht, denn es ist genug da.  Unbezahlbar bedeutet, dass an der Verteilung nichts geändert werden soll. Eigentlich ist es aber ganz simpel. Unsere Sparguthaben dienen den Banken als Eigenkapitalquote, aus denen sie Milliarden Buchgeld machen. Dieses Geld, was keinen Pfifferling wert ist, beherrscht uns dann. So unvorstellbar es klingen mag, ohne Geld ginge es uns besser. In dem uns vorgegebenen Denkmuster ist arbeiten ohne Geld schwer vorstellbar. Dabei gibt es dies bereits mit Ehrenamt und Wohltätigkeit, allerdings nur zum Erhalt des bestehenden Systems. Der Mensch braucht soziale Kontakte und eine Bestätigung. Wenn er weniger arbeiten muss und die Arbeit Spaß macht, werden wir auch ohne Geld arbeiten gehen. Eigentlich ändert sich nichts, außer, dass offensichtlich wird, dass es Menschen gibt, die auf unsere Kosten leben. Geld arbeitet nicht und jeder, der nur mit Geld zu tun hat, lebt auf Kosten der Gesellschaft. Dass dies möglich ist, liegt genau genommen nicht am Geld, sondern am Zins. Wie oft hören wir, dass wir über unsere Verhältnisse leben. Gleichzeitig fordert man aber mehr Wachstum. Wenn wir Geld anlegen und dafür Zinsen bekommen, könnte unter dem Vertrag stehen: Ich erkläre mich damit einverstanden, dass anderenorts Menschen verhungern. Wie kann der Kapitalismus das überlegene System sein, wenn er nur mit Egoismus und Gier funktioniert und die meiste Arbeitskraft verschwendet. Evolutionspsychologisch betrachtet grenzt es an ein Wunder, dass wir uns so lange betrügen lassen. Wir leben in einer Gesellschaft, die gegen einander arbeitet. Man muss kein Genie sein, dies zu erkennen. Dass unser jetziges Zusammenleben immer wieder zu Katastrophen führt, ist eigentlich ganz simpel. Das wird sich erst ändern, wenn wir  Urheberrecht und Wissensdiebstahl aus unserem Wortschatz gestrichen haben.  Eine Gesellschaft, in der man gegenseitig von einander profitiert, ohne dass sie durch Betrug destabilisiert wird, ist durchaus möglich und wäre für 99% der Bevölkerung eine Gewinn an Lebensqualität.  Dass unser Geldsystem in regelmäßigen Abständen zusammenbrechen muss, ist einfache Mathematik. Die Folgen von Krieg bis Hunger einfach nachzuvollziehen. Trotz alledem haben wir Angst ums Geld und nicht vor Geld .

Sonntag, Juli 01, 2012

Zwei Drittel Mehrheit trotz größter Unsicherheit erkauft

Der ESM und der Fiskalpakt sind mit einer zwei Drittel Mehrheit angenommen. Wie es dazu kommen konnte und das Bundesverfassungsgericht die letzte Bastion gegen grenzenlose Dummheit wird, ist unbegreiflich. Ich habe mir den Spaß gemacht und die Regierungserklärung zum ESM und Fiskalpakt und die anschließende Debatte auf Parlament TV angesehen.

http://www.bundestag.de/Mediathek/index.jsp?legislativePeriod=17&conference=188&action=search&instance=m187&categorie=Plenarsitzung&mask=search&destination=search&contentArea=details&isLinkCallPlenar=1
( 188. Plenarsitzung ab 08:36:00 )

Was man zu hören bekommt, sind ständige Beteuerungen, man hätte es sich nicht leicht gemacht, bis hin zu: kein Parlamentarier hat je so große Opfer gebracht.  Man hört, dass der ESM Vertrag, in der zu beschließenden Form, bereits hinfällig ist  und zur Direktfinanzierung von Banken, auf dem EU Gipfel, das genaue Gegenteil vereinbart wurde von dem, was die Abgeordneten beschließen sollen. Wir hören von schweren Bedenken gegen den ESM und Fiskalpakt und trotz alle dem sogar von Stolz, dies mit beschließen zu dürfen. Die zwei drittel Mehrheit ist nicht Ausdruck tiefster Überzeugung, das richtige zu tun, sondern trotz schwerster Bedenken, keine Alternative zu haben. Die Rechtfertigung für das Gesetzespaket ist die Sicherung des Wohlstandes durch Wachstum.  Wir hören wieder einmal vom kleinen Handwerksmeister und von Omas Sparbuch, die nicht in Anspruch genommen werden sollen.  Ich unterstelle aber den Bundestagsabgeordneten, dass keiner so dumm ist, das zu glauben. Das mit dem Wachstum ist auf jeden Fall erst einmal Quatsch, denn nichts kann ewig wachsen. Natürlich kann der Erfindergeist noch zahlreiche Produkte herstellen, die wir unbedingt brauchen, wie zum Beispiel einen Fußgeruch messenden Schuhanzieher. Die Ressourcen, aus denen wir schöpfen, bleiben aber trotz alle dem begrenzt. Eine falsche Entscheidung wird nicht dadurch besser, dass man sie sich nicht leicht gemacht hat und angeblich alternativlos ist. Das Problem ist das eingeschränkte Denkmuster. Selbst ESM und Fiskalpakt sind nicht automatisch schlecht, wenn wir als Wähler mit bestimmen könnten. In der Debatte wurde gesagt, man müsse alles für eine Geldstabilität tun, denn ist das Geld schlecht, ist alles schlecht. Das Problem ist nur, unser Geld ist schlecht und der Grund aller Probleme, denn das Zinssystem ist eine Exponentialfunktion, welches zusammenbrechen muss.  Wir haben im Moment riesige Privatvermögen, die das Warenangebot übersteigen. Man will aber Geldstabilität mit mehr Geld erreichen . Das genaue Gegenteil ist aber die  Lösung. Wenn man ein Gesetz zur Schuldenbegrenzung  erlässt, zeigt dies aber nur, in welche Richtung gespart werden soll. Für die Besteuerung von Vermögen bräuchte man diese Rechtfertigung nicht. Das Sparen, was hier in ein Gesetz gefasst  wurde, bedeutet also nichts anderes, als die Festschreibung von Privatisierung  des gemeinschaftlichen Eigentums. Wenn man sich hinstellt und einen Krieg in Europa für unmöglich erklärt, hat man nicht begriffen, welchem Ausverkauf man zugestimmt hat. Wenn das Anhäufen von Reichtum exponentiell ist, wie lange kann es dann noch dauern, bis wir für das Atmen zahlen müssen. Es muss jedem klar sein, dass damit ein friedliches Zusammenleben beendet ist. Politiker glauben anscheinend nur, auf der richtigen Seite zu stehen, sonst hätte das Gesetzespaket durchfallen müssen. Dass es wachsenden Widerstand gegen ESM und Fiskalpakt gibt, ist den Politikern bekannt, denn sie bekommen, z.B. über Abgeordneten-Check, zahlreiche Protest-E-Mails. Nach Angaben des Providers ging die Seite kurz vor der Abstimmung wegen Virenbefall vom Netz, was ein kleiner Vorgeschmack auf die Demokratie der Zukunft ist. Trotz alle dem  dürften den Parlamentariern andere Denkweisen zum ESM / Fiskalpakt bekannt sein. Als erstes sollte man begreifen, dass, wenn man sich Sorgen um die Verschuldung in Europa macht,  man sich gleichzeitig Sorgen um die Vermögen machen muss, denn Schulden stehen immer Vermögen in gleicher Höhe gegenüber. Der ESM soll Europa stabilisieren, Ländern, die in Schieflage geraten sind, helfen und damit zeigen, dass sich Spekulationen gegen einzelne Eurostaaten nicht lohnen. Mit dem ESM wird die Geldmenge aber vergrößert und Spekulationen damit angeheizt. Das viel gepriesene Prinzip vom Fördern und Fordern führt nur zu einem Schuldenabbau in wertlosem Giralgeld. Da die Schulden gedeckelt sind und Sozialabbau nicht grenzenlos möglich ist, bleibt am Ende nur der Vermögensabbau in physischen Werten. Da unser Geldsystem auf Grund des Zinses zusammenbrechen muss, ist der Oma ihr Sparbuch, das unsere Politiker so verteidigen, mit jedem Tag, an dem dieses System aufrecht erhalten wird, weniger wert. Was wir mit dem ESM- Fiskalpakt verlieren, ist weit mehr als Geld.