Dienstag, September 04, 2018

Leserbrief zum Nachdenkseitenartikel: Aufstehen, das ist ein Versuch, der der Unterstützung bedarf und Unterstützung verdient

Sehr geehrter Herr Müller,


ja, die Sammelbewegung ist eine Chance aber es ist, wie es immer ist. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Das etwas verändert werden muss, darin sind sich fast alle einig, nur nicht darin wie. Daran ändert auch die Sammelbewegung nichts. Politisch aktive Menschen brauchen ein politisches Verständnis. Damit sie sich nicht nur streiten, sondern diskutieren, brauchen sie einen gleichen Wissenshintergrund. Bei der Vielzahl an Informationen, mit denen wir bombardiert werden, ist das schwer möglich. Ich befürchte, dass diese Sammelbewegung sich streitet und in kleine Gruppen zerfällt. Damit würde die Chance für ein gemeinsames Ziel vertan. Druck aufbauen ist an sich einfach, wenn man sich einig ist. Aber Einigkeit ist unerreichbar, ohne eine gemeinsame Diskussionsgrundlage. Außerdem kann man in jede Partei oder Sammelbewegung Leute einschleusen, die das verhindern. In der DDR hätten wir gefragt, ob es viele werden und lachend geantwortet: aber mit „Sicherheit". Ich habe Angst, dass die Menschen durch die Sammelbewegung nicht ermutigt werden, sondern enttäuscht und noch mehr resignieren. Was das bedeutet, weiß jeder. Es führt einen Schritt zurück zu einem starken Führer. Um Druck aufzubauen, erscheinen mir parteilose Kandidaten ungefährlicher. Eine Sammelbewegung könnte sie unterstützen, damit sie eine Chance haben. Das erste, was dazu nötig ist, ist die Bedeutung von Erst- und Zweitstimme zu vermitteln. Ich habe zur letzten Bundestagswahl versucht als Direktkandidat anzutreten und festgestellt, dass fast alle, mit denen ich gesprochen habe, nicht wissen, welche Bedeutung Erst- und Zweitstimme haben. Unzufriedene Menschen einfach zu sammeln birgt die Gefahr in sich, dass sie von außen zu Kurzschlusshandlungen gebracht werden. Das Konzept der Nachdenkseiten, Aufklärung der Zusammenhänge, scheint mir aussichtsreicher. Es ist ein langer Weg aber Wissen ist wie der Zins, exponentiell. Lineares Denken entmutigt. Wenn sie eine neue Idee morgen zwei weiteren Personen erzählen und die morgen wieder zwei weiteren Personen, wie lange dauert es, bis sie jeden Bundesbürger erreicht haben? Wenn man etwas sammeln sollte, dann nicht Unzufriedenheit, sondern Wissen. Wenn man in einer Exponentialfunktion die Hälfte des Weges geschafft hat, ist man morgen am Ziel. Um zweifelnde Menschen zu mobilisieren, braucht man die Medien und prominente Zugpferde. Wissen verbreitet sich von allein und ist nicht aufhaltbar. Deshalb sollten die Intellektuellen ihre Türme verlassen und statt Fremdwort lastig unter sich zu diskutieren, in Bildern mit dem Volk sprechen.


Mit freundlichen Grüßen


Andreas Teichmann



Montag, September 03, 2018

Chemnitz

Gewalt gibt es nicht erst seit Chemnitz. Sie kommt immer wieder vor. Bei Demos gegen den Nato-Doppelbeschluss, bei anti Atomkraft Demos, Rammstein, Stuttgart 21, Fußball usw.. Gewalt ist Gewalt und es ist egal, ob sie allein oder in der Gruppe ausgeübt wird. Der entscheidende Unterschied ist, was die Medien daraus machen. Jetzt wird gerne Zivilcourage gefordert. Was ist das aber für eine Zivilcourage, die rechte und linke Gruppen aufeinander hetzt und Polizisten als Prügelknaben ausliefert und Steuergelder verschwendet. Was alle vergessen, ist, niemand kommt als Nazi auf die Welt. Kinder sind absolut unvoreingenommen. Wenn sie später gewaltbereit sind, suchen wir den Fehler im Elternhaus. Da liegt er aber nicht allein. Geformt werden die Kinder vor allem in Kindergarten und Schule, also von gesellschaftlich vorgegebenen Rahmenbedingungen. Wenn Kinder gesellschaftlich ausgegrenzt werden, indem man zulässt, dass sie an der Armutsgrenze leben, muss man sich nicht wundern, wenn sie keine wertvollen Mitglieder der Gesellschaft werden. Man schafft diesen Kindern keine Zukunftsperspektive, indem man ihnen die Lüge vom Fachkräftemangel vorbetet. Das, was sie sehen wenn sie groß sind, ist, dass es keine sinnvolle Tätigkeit für sie gibt und jetzt noch Ausländer dazukommen, mit denen sie konkurrieren müssen. Wen wundert es, wenn Schikanen einer Behörde, die über die Gewährung von Sozialleistungen entscheidet, ob ein Kind zur Klassenfahrt kann oder nicht, einen Menschen prägen. Das, was der Heranwachsende hier lernt, ist ganz bestimmt nicht Dankbarkeit. Niemand kommt als „Glatze" auf die Welt und Zivilcourage gegen sie läuft in die falsche Richtung. Wenn Zivilcourage nötig ist, dann dafür, dass es das Wort „unterprivilegiert" nicht mehr gibt. Jeder soll die gleichen Chancen haben, auch Afrikaner. Es gibt keine zwei Klassen. Dass sie entstanden sind, ist Politik. Wenn es also einen Konflikt gibt, dann nicht zwischen Rechts und Links, oder Moslem und Christ, sondern zwischen Bürger und Politik.