Dienstag, Januar 17, 2017

Entscheidungsmuster


Bei der ersten Meldung vom Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, die ich gesehen habe, hielt man sich mit einer Interpretierung noch weitgehend zurück. Das empfand ich als sehr positiv, was nicht lange anhalten sollte. Irgend etwas störte mich aber an den Bildern vom beschädigten LKW. Ein 40-Tonner bleibt doch nicht stehen, wenn er, außer der Windschutzscheibe, noch völlig in Takt wirkt. Ich wollte mir das ganze auf youtube ansehen. Heute, wo fast jeder ein Smartphone besitzt, gibt es doch bestimmt ein Video davon. Fehlanzeige, nichts. Es war klar, dass es nicht lange dauern wird, bis Verschwörungstheorien entstehen. Dafür spricht schon, dass man die Identität des Täters beachtlich schnell ermitteln konnte. Letzte Zweifel an der Identität konnten wieder einmal durch das Auffinden des Ausweises vom Attentäter beseitigt werden. Ein Ausweis - bei einem Mann mit 14 Identitäten. Leider ist es bis jetzt der Polizei auch noch nie gelungen, einen vermutlichen Attentäter lebend zu stellen, das haben nur Zivilisten geschafft. Allerdings erhängte sich dann der Attentäter, nachdem er in staatliche Obhut übergeben wurde. Dass Verschwörungstheorien ins Kraut schießen, ist nichts verwunderliches. Warum sind aber die, die bekannt werden, meistens abenteuerlich überzogen? „Verschwörungstheorie" ist ein negativ besetzter Begriff. Sind Verschwörungstheorien aber etwas negatives? Würde man einen Polizisten, der versucht, eine Straftat aufzuklären, einen Verschwörungstheoretiker nennen?

Es gibt viele interessante Meinungen zu diesem Thema die man ganz leicht im Internet finden kann. Daniele Ganser meint, wenn man Terrorismus zum Ursprung verfolgt, landet man immer an der Tür eines Geheimdienstes. Das ist natürlich auch eine Verschwörungstheorie aber sie kommt nicht von ungefähr. Daniele Ganser beschäftigt sich viele Jahre mit diesem Thema und stieß dabei auf vieles, aus dem er diese Aussage herleitet. Natürlich ist dies verallgemeinernd. Aber so bilden wir uns nun einmal unsere Meinung. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht……. Wir entscheiden auf Grund von Vorurteilen und das ist für uns sogar oft überlebenswichtig. Diese Vorurteile entstehen aber nicht über Nacht, sondern sie sind Verknüpfungen mit den Ergebnissen eines langen Lernprozesses. Wenn ich einen beißenden Geruch in der Nase wahrnehme und eine Person, die ein Stück vor mir steht, fällt zu Boden, was mache ich da? Gehe ich hin, um zu helfen oder renne ich weg? Ich werde meine Entscheidung auf eine Weise treffen, die effizient ist und auf einer sehr vereinfachten Welterklärung basiert. Man könnte auch sagen, ich entscheide auf Grund von Vorurteilen, aus Instinkt oder aus Reflex. Die meisten Entscheidungen, die wir treffen, basieren nicht auf langwierigen Denkprozessen, sondern basieren auf der Verwendung von bekannten Mustern. Normalerweise funktioniert diese Art von schnellen Entscheidungen sehr gut. Es ist aber auch möglich, diese Entscheidungsmuster zu beeinflussen. Leider ist die Kapazität unseres Gehirns sehr begrenzt. Wenn plötzlich ein neues Problem auftritt, für das wir kein Muster entwickeln konnten, oder ein falsches Muster erzeugt wurde, ist die Chance, richtig zu entscheiden, 50-50 oder 100% falsch. Was hat das ganze nun mit Verschwörungstheorien zu tun. Ich weiß es nicht. Um das mit Sicherheit sagen zu können, benötigt man viele Daten und mehr Rechenleistung als ein menschliches Gehirn. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann der einzelne kein komplexes Thema abarbeiten. Was bleibt sind Entscheidungsmuster. Als erstes versucht man die einzelnen Möglichkeiten aufzuzeigen Zum Beispiel:

1. Das Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt ist, wie in den Medien beschrieben, passiert.

2. Das Attentat wurde vom Geheimdienst, trotz Kenntnis der Pläne, nicht verhindert.

3. Das Attentat wurde vom Geheimdienst selbst durchgeführt.

4. Es gab gar kein Attentat, sondern alles wurde inszeniert.

5. Es gab das Attentat wie beschrieben und es wurde nur der Ausweis des Attentäters inszeniert, um Verschwörungstheorien Nährstoff zu geben.

Diese Aufzählung könnte noch weiter geführt werden.

Als nächstes kommt die Frage, wem nützt es oder andersherum, wem schadet es? Zu mehr sind wir nicht in der Lage. Jetzt können wir nur noch unsere Schablone darüber halten und Übereinstimmungen finden. Wie wichtig diese Schablonen für uns sind, ist sicher den meisten gar nicht bewusst. Wenn unser Gehirn mit einer Flut an sinnlosen Informationen überladen wird, behindert dies das Erzeugen dieser Schablonen. Wenn unser Gehirn mit falschen Informationen gefüttert wird, entstehen falsche Schablonen. Wenn man jetzt noch bedenkt, welche Wirkung der „Herdentrieb" erzeugt, sollte klar sein, welche Gefahren Medien in sich bergen. Wir alle kennen die Begriffe „Lügen-Presse" und „fake news". Es scheint, als fände zwischen den etablierten Medien und dem Internet ein Kampf um Glaubwürdigkeit statt. Konkurrenzkampf ist aber nicht immer das, was er zu sein scheint. Letztendlich gehören die angeblichen Konkurrenten oft doch ein und den selben Personen. Für die Gewinne ist es also oft egal, wo wir kaufen, aber wir sind mit Schnäppchen machen beschäftigt. Man kann mit Konkurrenzkampf aber vieles rechtfertigen oder die Schuld anderen zuschieben.

Die Freiheit des Internets ist durchaus nicht grenzenlos. Algorithmen schränken diese Freiheit für den normalen Durchschnittsinternetnutzer erheblich ein. Auf der anderen Seite gibt es für die, welche sich auskennen, mehr Freiheiten als uns lieb sein kann. Sie können die Meldungen platzieren, ohne das man herausfinden kann, woher sie kommen.

Wie wir gerade den Medien entnehmen konnten, hat die Vermögenskonzentration weiter zugenommen. Da unser Geldsystem einer Exponentialfunktion unterliegt, ist diese Meldung nichts überraschendes. Die Macht konzentriert sich in immer weniger Händen. Die Namen, welche uns in den Medien genannt werden, gehören aber nicht zu denen, wo die Fäden zusammenlaufen, sondern sie repräsentieren den amerikanischen Traum. Die Macht liegt nicht mehr bei den Regierungen der Territorialstaaten, sondern bei ihren Geldgebern. Der angebliche Konkurrenzkampf ist nicht wirklich echt und das auf allen Ebenen. Die ganz kleinen setzen eher auf Kooperation und alle größeren Strukturen werden von ein und den selben Personen beeinflusst. Natürlich können wir das nicht im konkreten Fall mit Zahlen und Fakten belegen. Dazu hat der Normalbürger weder die Zeit noch die Mittel. Datenwissenschaftler könnten dies schon, aber die müssen auch bezahlt werden und beschäftigen sich deshalb mit anderen Themen, wie der globalen Erwärmung oder wie hoch die Rente in 50 Jahren sein wird. Wichtige Endscheidungen, die wir treffen, werden wir wohl weiter auf Grund von Schablonen treffen müssen. Es ist nicht zu erwarten, dass der nächste Bundestagswahlkampf sich auf Zahlen und Fakten beschränkt. Das Wählen auf Datengrundlage ist ausgeschlossen. Unsere Schablonen funktionieren durch mediale Einflussnahme nicht. Im Grunde ist es aber auch egal, denn auch wenn wir richtig wählen würden, was wäre das Ergebnis. Es erginge uns wie Griechenland. Es ist egal, wie wir uns entscheiden, solange wir nicht unser Verhalten ändern. Wenn sie darüber nachdenken, wo sie ihr Geld sicher anlegen oder Stunden damit verbringen, Preise zu vergleichen, stabilisieren sie dieses System und vergeuden „Rechenleistung" für den Weg zu etwas Neuem. Ja, es ist wahr, sie können das System nicht verändern. Der einzelne ist ohnmächtig. Was sie aber machen können, ist, sich selbst zu ändern. Werden sie freundlicher, helfen sie anderen, befreien sie sich von der Isolation der Konkurrenz. Wir brauchen keine Religion für ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Frage nach dem Fehler im System können wir vielleicht noch beantworten. Die Frage, wie dieser Fehler zu beheben ist, gestaltet sich schon viel schwieriger. Da es sich nicht um ein Versäumnis oder eine Fehlendscheidung eines Einzelnen oder einer Epoche handelt, sondern es sich um einen Prozess handelt, der 5000 Jahre benötigte, kann man das Problem nicht mit einer Vernunftentscheidung lösen. Es reicht auch nicht, die Guillotine auszupacken und ein Blutbad anzurichten. Wir können die Reichen umbringen, aber ihre Denkweise bleibt erhalten. Hass und Liebe sind bekanntlich etwas, was dicht beieinander liegt. Mit Fluch und Segen ist es genauso. Die Globalisierung ist im Moment mehr Fluch, wir haben es aber in der Hand, daraus Segen zu machen. Wir können ein neues Gedankengut schneller verbreiten, so das wir keine 5000 Jahre benötigen, um uns zu ändern. Im Zusammenhang mit der Erderwärmung ist es möglich, uns Veränderungen abzuverlangen. Diese Veränderung führt aber nur zu mehr Gewinnen.

Eigentum verpflichtet. Diesen Leitsatz finden wir im Recht, in der Philosophie, in der Theologie, in der Soziallehre. Auch wenn dies für den kleinsten Besitz zutreffend ist, für die großen Vermögen trifft es nicht zu. Bei uns ist die Sozialpflichtigkeit des Eigentums sogar im Grundgesetz verankert. Deutschland nimmt bei der Anzahl der Superreichen aber trotzdem einen Spitzenplatz ein. Dass es mit der Verpflichtung des Eigentums nicht so weit her sein kann, sieht man an Straßen, Schulen usw.. Wir brauchen also nicht einmal neue Regeln, wir müssten uns nur an bestehende halten.

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