Freitag, Dezember 09, 2011

Sozialpolitik im Schnellkochtopf

2009 hat der Gesetzgeber eine Krankenversicherungspflicht eingeführt. Der Grund dafür war, dass die Zahl von nicht versicherten Personen stark zugenommen hatte. Viele davon galten als Selbständige. Zwei Jahre später berichtet die Presse von Verlusten bei den Privatversicherern, wegen hoher Beitragsausstände. Der Grund: die Versicherungen können ihren Mitgliedern nicht mehr kündigen. Einen lächerlichen Tag später berichten die Medien von einem BGH Urteil, wonach der Kündigungsschutz einschränkend ausgelegt werden muss. Bei schweren Vertragsverletzungen sei eine außerordentliche Kündigung weiterhin zulässig. Da hat die Lösung des Problems für die Privatversicherer nicht lange auf sich warten lassen. Das Handwerksblatt berichtet in seiner letzten Ausgabe: Viele Selbstständige mit geringem Einkommen:
„Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel: Zirka 270.000 Selbstständige mussten im Jahr 2010 mit 500 Euro netto im Monat (inkl. Transferleistungen) über die Runden kommen. Rund 950.000 Personen hatten ein monatliches Nettoeinkommen unter 1.100 Euro. Besonders betroffen sind Solo-Selbstständigen, weiblichen Selbstständigen oder Selbstständigen in der Kreativwirtschaft.“ An der
Festsetzung der Mindest- Beitragsbemessungsgrenze für freiwillige Mitglieder ändert das allerdings nichts. Das Zahlen von Krankenkassenbeiträgen auf das wirkliche Einkommen ist weiterhin nicht möglich. Vor ca. 5 Jahren begründete der Petitionsausschuss dies damit, dass es keinen Sinn macht, sich für ein niedrigeres Einkommen als die Beitragsbemessungsgrenze selbständig zu machen. Zu gut deutsch, wer weniger hat, rechnet sich arm. Dass Aufschwung, stagnierende Umsätze, sinkende Investitionen, Fachkräftemangel und sinkende Reallöhne nicht zusammenpassen, interessiert weder Politik noch Presse. Der Versicherungswirtschaft schiebt man seit Jahren mit dem in Frage stellen der Sozialversicherung und der Förderung der privaten Altersvorsorge die Kohle schubkarrenweise in den Rachen. Angeblich wird unser Sozialsystem zu teuer. Der Anteil der Sozialausgaben am BIP ist aber kaum angestiegen. Dass die Geringverdiener dabei angearscht werden, interessiert niemanden. Aber wehe die privaten Krankenkassen haben Einbusen durch die Armenschweine, die vom System ausgeblutet werden. Der Arbeitsmarkt kocht vor sich hin, aber im „Schnellkochtopf“. Da brodelt nichts, aber eines Tages fliegt der Deckel weg. In der „Küche“ hilft kein Lüften mehr, da muss renoviert werden.

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