Montag, Oktober 10, 2011

Die größte Gefahr der Weltwirtschaftskrise ist nicht das Ende des Euro

Heute morgen habe ich in den Nachrichten gehört, dass die Dexia Bank in Schieflage geraten ist und verstaatlicht wird. Ich habe mir deshalb ein paar nicht wissenschaftliche Gedanken gemacht. Bis vor kurzem waren unsere Experten einhellig der Meinung, der „Markt“ regelt alles. Das war ein Irrtum. Statt regelnd einzugreifen, werden Rettungsschirme aufgespannt, die jetzt auch noch gehebelt werden sollen. Das ganze System von Wetten, Leerverkäufen und der gleichen ist für einen Normalbürger nur noch schwer zu verstehen. Eines habe ich aber verstanden. Die „Märkte“ reagieren keineswegs immer rational. Es genügt nicht, ein klein wenig an der Zinsschraube zu drehen und alles wird wieder gut. Es ist schon ein wenig traurig, dass unsere Kanzlerin ihr Handeln mit Alternativlosigkeit rechtfertigt. Dabei gibt es nur einmal im Leben eine Situation ohne Alternative und die steht am Ende. Sind wir also am Ende und wenn ja, von was? Vielleicht sind wir am Ende der Weisheit unserer Gelehrten und Politiker, oder am Ende der Zumutbarkeit finanzieller Belastungen von Bürgern, oder sind wir am Ende der EU? Alternativlos ist zu recht ein Unwort, denn es ist nichts als die Rechtfertigung von Unfähigkeit. Dabei handelt es sich aber nicht um eine geistige Unfähigkeit, sondern um die Unfähigkeit, sich der Macht des Kapitals zu entziehen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass es die Politikverdrossenheit nicht nur beim Bürger, sondern auch beim Parlamentarier gibt. Die schlechte Wahlbeteiligung ist oft noch höher, als die Anwesenheit unserer Abgeordneten im Bundestag. Als Grund für das Nichtwählen hört man meist, es ändert sich ja sowieso nichts. Das kann ein Politiker natürlich nicht äußern, aber im Prinzip ist es so. Unsere Politiker sind Dünnbrettbohrer, die den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Wenn sie nicht vom Wähler getrieben werden, wird sich kein Politiker mit dem langen Arm des Kapitals anlegen und seinen Lebensstandart aufs Spiel setzen. Angesichts der anhaltenden Eurokrise zeigt sich aber sehr deutlich, dass die Macht des Kapitals sehr endlich ist, denn sie kommt ohne unsere Hilfe nicht aus. Das Kapital ist nur so mächtig, weil es einfacher ist, eine Hand voll Reicher zu mobilisieren, als Milliarden von einfachen Bürgern aufzuwecken. Wenn sich die Creme de la Creme der Finanzexperten trifft, um über ihr Weiterzocken zu beraten, werden sie erst aufhören unser Geld zu verbrennen, wenn Millionen von Menschen vor der Tür stehen und drohen ihr Geld abzuheben. In der Politik ist es das gleiche, ohne die Gefahr abgewählt zu werden (und ich meine richtig Erdrutsch artig abgewählt), wird sich nichts ändern. Ein kurzes Aufflackern von Widerstand haben wir schon mehrmals erlebt und es wird öfter, länger und umfangreicher werden. Wenn es nicht gelingt, so viel Widerstand zu leisten, dass das Kapital entmachtet wird und die Lebensumstände der Menschen weltweit angepasst werden, wird über kurz oder lang unser friedliches Zusammenleben beendet sein. Man kann keine Einheit Europas vorantreiben und gleichzeitig eine Spaltung der Lebensumstände begünstigen. Das Anpassen sozialer Unterschiede ist die Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben. Wenn die Architekten Europas und einer globalen Welt nicht in der Lage sind, in einem einzigen Land die sozialen Missstände zu beseitigen, sollte man sich überlegen, warum das so ist und wohin es führt. Fakt ist, dass in Deutschland 40 Jahre Teilung ausreichten, einen Graben zwischen Ost und West entstehen zu lassen, den wir nach 20 Jahren nicht überwunden haben. Ich meine damit nicht nur die Unterschiede bei den Löhnen, sondern besonders die Vorurteile und Anfeindungen. Ich erinnere mich noch sehr gut, als 1994 der Baubum nachließ und ich von der westdeutschen Firma, bei der ich beschäftigt war, öfter zum arbeiten nach Frankfurt geschickt wurde. Uns Ossis wurde auf der Baustelle mit Verachtung begegnet. Ständig musste man sich anhören, dass wir faul sind und nicht arbeiten können. 10 Jahre später, als wir Ossis langsam auf den Baustellen unter uns waren und der fleißige Wessi immer öfter gegen faule Ossis eingetauscht wurde, passierte es, dass, wenn man auf der Baustelle parkte, die Reifen zerstochen wurden. Ich möchte hier keine Vorurteile aufwärmen, sondern nur zeigen, wie einfach es ist, einen Keil zwischen eine Bevölkerung zu treiben, die eigentlich zusammen gehört. Dass dieses Spiel mit den Harz IV Empfängern weiter betrieben wird, muss man nicht ausbauen. Stellen sie sich aber einmal vor, wie einfach es ist, alte Konflikte zwischen ehemals verfeindeten Ländern wieder aufflammen zu lassen. Wir steuern einer Zeit entgegen, in der vermehrt versucht werden wird, mit Fremdenfeindlichkeit politisch zu überleben. Jaroslaw Kaczynski ist bei den jetzigen Wahlen mit seinen antideutschen Äußerungen erst einmal gescheitert. Das Mittel der Fremdenfeindlichkeit wird sich aber in den Wahlkämpfen fortsetzen und irgendwann auf fruchtbaren Boden fallen. In welchem Land dies zuerst zur Bedrohung wird, wage ich nicht vorherzusagen. Es wird aber kommen. Wenn wir nicht wollen, dass es wieder Krieg gibt, müssen wir erkennen, dass kein Grieche, kein Ire und kein Portugiese uns etwas schlechtes will. Auch der „Deutsche“ will keinem Europäer oder anderen etwas schlechtes. Die Gefahr, dass wir wieder einer Fremdenfeindlichkeit verfallen, besteht aber, denn es ist das einfachste, die Schuld anderen zuzuweisen . Bevor man einem Feindbild verfällt und sich an der Verbreitung beteiligt, sollte man überlegen, wer daran verdient. Für mich steht es aber außer Frage, dass eines Tages der Verstand einem Feindbild erliegen wird, wenn wir es nicht schaffen, Lohn und Brot gerecht zu verteilen.




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