Die Medien sind voll des Lobes für Joachim Gaucks Antrittsrede. Sprachlich mag sie auch durchaus gelungen sein, aber mich erinnert es eher an eine Predigt als an eine Grundsatzrede. Vieles von dem Gesagten gefällt sofort.“Wir lassen uns unsere Demokratie nicht wegnehmen.“ „Wir lassen unser Land nicht im Stich.“ „Die Völker ziehen in Richtung Freiheit.“ Auch wenn unser Bundespräsident viele wärmende Worte findet, möchte ich mein Vertrauen nicht verschenken. Herr Gauck kann es sich verdienen. Nichts ist gefährlicher als blindes Vertrauen. Selbst das Selbstvertrauen, das zweifelsohne sehr wichtig ist, darf nicht grenzenlos sein. Wenn Herr Gauck von der Wende und von Mut spricht, macht er das aus einem anderen Gesichtspunkt wie ich. Wir haben die Wende ohne Blutvergießen geschafft, weil wir das freie Denken nicht verlernt hatten. In der DDR wollte man das freie Denken unterdrücken, was nicht einmal ansatzweise gelang. Heute wird es uns aberzogen und das mit wachsendem Erfolg. In den Zeitungen wurden, im Zusammenhang mit den Streiks im öffentlichen Dienst, die Gehälter von Müllmännern usw. veröffentlicht. Die Reaktion auf der Baustelle war Neid und Missgunst, dass die, welche schon mehr verdienen als jeder Bauarbeiter, noch mehr haben wollen. Nicht einer kam auf die Idee, dass das Gehalt in Ordnung ist, aber man selber zu wenig verdient. Wir haben das freie Denken fast verlernt. Die Medien bestimmen unsere Gedanken . Auf wie viele Fragen die Antwort mehr Europa sein kann, sei einmal dahingestellt. Ein demokratisches Europa kann man nur schaffen, wenn man die Bürger dazu fragt. Diesen Punkt habe ich wahrscheinlich bei Herrn Gauck überhört. Aber sonst eine sehr versöhnliche Rede, die aber eine auseinander driftende Gesellschaft keinen Millimeter zusammenführt.
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